Als der Vater des Bauhauses, Walter Gropius, Anfang der Zwanziger Jahre den "Gropius-Sessel" entwarf, da steckte die heute weltberühmte und damals erst neu gegründete Kunstschule noch in den Kinderschuhen. Doch sind an diesem Sitzmöbel schon die Grundzüge dieser damals revolutionären Bewegung erkennbar, die deshalb berechtigt zum Designklassiker wurden. Der "Gropius-Sessel" wurde 1923 ein wesentliches Gestaltungselement im Direktorenzimmer des Bauhaus in Weimar, das Walter Gropius zur großen Bauhausaustellung 1923 entwickelte. Der Entwurf dieser Sitzgruppe ist allerdings schon auf ca. 1920 datiert.

Die Bauhaus-Künstler orientierten sich in ihrem Schaffen auf die geometrischen Grundformen und Körper wie etwa Quadrat oder Würfel. In der Farbwahl für ihre Objekte konzentrierten sie sich auf die Grundfarben Rot, Blau und Gelb sowie die Farben Schwarz und Weiß. Ihre Möbel sollten zwar ästhetisch und einfach erscheinen, aber in erster Linie funktional, maschinell herstellbar und vor allem erschwinglich sein. So ist schon auf den ersten Blick erkennbar, dass der Original Gropius-Sessel an einen Würfel erinnert, in den der Sitzraum eingeschnitten wurde. Auf den zweiten Blick wird klar, dass er eigentlich aus verschiedenen, unterschiedlich großen, rechtwinkligen und in sich verschränkten Quadern zusammengesetzt wurde.

Charakteristisch bei diesem Designklassiker unter den Designermöbeln ist das Holzgestell, das einen tragenden Kragarm bildet. Gropius verfolgte in dem Holzgestell vermutlich die gleiche Idee des "Meanders", welche im ganzen Gropiuszimmer und an dem Gropius-Schreibtisch noch deutlicher sichtbar wird. Ein ca. 5 x 5 cm starkes Rahmenprofil "meandert" um die Schreibtischelemente. Beim Gropius-Sessel ist im Rücken und unter den Armlehnen das 5 x 5 cm Rahmenprofil praktisch "doppelt" nebeneinander und am Boden nur einfach die Füße umlaufend. Die von der Firma Tecta im Umlauf gebrachten Plagiate folgen nicht dieser Grundidee und haben verfälschte Proportionen Es gibt also aktuell keinen Hersteller, der das Original produziert.

Trotz der Kompaktheit und Massivität verleiht die optisch freischwebende Bauweise diesem Designermöbel auch einen Hauch von Leichtigkeit. Zu spüren ist eine Verwandschaft zu dem ebenso in den 20igern entwickelten Kragstuhl, dem so genannten Freischwinger der Bauhaus-Künstler Marcel Breuer und Mart Stam.

Neben dem Sessel gab es auch ein Sofa als Mehrsitzer im Gropiuszimmer. Die Sitzgruppe, bestehend aus zwei Sesseln und einem Sofa wurde 1923 von Walter Gropius zur großen Bauhausausstellung verwendet. Das "Gropiuszimmer" war die erste gesamtheitliche moderne Raumkomposition der Designgeschichte weltweit. Im Original waren die Sessel und das Sofa in gelbem grobmaschigen Stoff bezogen. Siehe auch www.gropiuszimmer.de. Die Gropius-Möbel wurden auf der Grundlage umfassender Recherchen des Architekten Gerhard Oschmann 1999 im Zuge der Rekonstruktion des Gropiuszimmer in Weimar originalgetreu rekonstruiert.