Gemeinhin dauert es seine Zeit, bis Ideen aus Amerika über den großen Teich nach Deutschland schwappen. So war es wohl auch mit dem Konstruktionsprinzip des Design-Ehepaars Charles und Ray Eames, an dem sich Egon Eiermann bei seinem Stuhlentwurf im Jahr 1950 orientierte.

Für ihre mittlerweile weltberühmt gewordenen „Plywood“-Schichtholzstühle mit der charakteristisch-mitschwingenden Rückenlehne ließen sie die Eames einst von Flugzeugherstellern inspirieren, die mitunter aus dreidimensional verformten Sperrholzplatten Einzelteile herstellten. Diese Technik, mit dem Sperrholz unter der Einwirkung von Dampf verbogen werden kann, verwendete das Ehepaar später auch für seine Möbelentwürfe. So entstanden schließlich auf dünnem Stahlrohrgestell fußende, dreidimensional gebogene Sperrholzstühle. Später nutzen sie auch das Material Kunststoff.

An dieser neuen Herstellungsweise fand auch Eiermann Gefallen und übertrug sie auf seinen vierbeinigen Stuhl, dessen hölzerne Sitzfläche und Rückenlehne so zu ihrer leicht gebogene dem Körper angepasste Form kamen. Rahmen und Füße des praktischen, leichten und flexiblen SE 68 bestehen, wie die Eames-Vorbilder, aus gebogenem Stahlrohr.

Bis 1993 gab es eine nicht-stapelbare und eine stapelbare Variante dieses anmutenden Mehrzweckstuhls. Der Vorteil der Stapelbarkeit setzte sich aber durch und so war dieses Sitzmöbel schon bald nicht mehr wegzudenken aus Vortragssälen, Gemeinderäumen und vielen anderen Orten die variabel und schnell bestuhlt werden müssen.

Dieses Sitzmöbel der Moderne von Egon Eiermann wird heute von Wilde + Spieth hergestellt und ist sozusagen die strengere, reduzierte und damit typisch deutsche Variante der Schichtholzstühle des kalifornischen Design-Ehepaars Eames.